„Frauen verdienen im Musikbusiness mehr Anerkennung“ – Open Season present Female Reggae Voices

Das Thema "Frauen im Reggae" haben wir bereits vor ein paar Wochen auf reggaenews.ch im Interview mit Irina angesprochen. Das Grundthema "Wenig Frauen auf der Bühne resp. im Musikbusiness" ist etwas, das nicht erst seit den Swiss Music Awards diesen Jahres immer öfters in meiner Timeline auftaucht. Die umtriebige Band Open Season hat da einen pragmatischen Ansatz. Sie bringt mit dem Projekt "Female Reggae Voices" talentierte Sängerinnen auf die Bühne und lässt somit gleich Taten sprechen.

Reggae
Caroline & Irina MossiInterviewNaïmaOpen SeasonReedsSamora

Nebst Irina und ihrer Schwester Caro ist auch die upcoming Sängerin Naïma dabei. Mit Samora, die sich in ihrer Heimat, den Niederlanden, bereits einen Namen gemacht hat, ist zudem auch eine internationale Stimme vertreten. Wir haben uns mit Res, dem Gitarristen und Initiator des Projekts, darüber unterhalten.

Hallo Res! Danke, dass Du Dir die Zeit nimmst für das Interview. Wie bist Du auf die Idee dieses Projekts gekommen?

Gern geschehen, danke dir! Nun, das ist eine etwas längere Geschichte… Open Season spielte 2017 keine Konzerte, weil zwei unserer Bandmitglieder für ihre Arbeit über ein Jahr im Ausland weilten. Und weil wir uns nun erst seit Kurzem wieder so richtig mit neuem Songmaterial beschäftigen können, wird es auch 2018 kaum einen „normalen“ Open Season-Gig geben. Wir Mitglieder der Riddim- und Horn-Section begannen die Live-Shows dann irgendwann ziemlich zu vermissen und ein weiteres Jahr ohne Konzerte war schlicht keine Option. Dies war ein Beweggrund, weshalb ich nach Ideen suchte, wie wir diese Zwangs-Live-Pause überbrücken könnten.

Wie kamst Du auf die Idee der „Female Reggae Voices“?

Das Projekt ist in den letzten Monaten zu dem gewachsen, was es heute ist. Auch die Veranstalter des Reeds Festivals haben dabei einen wichtigen Part gespielt. Sie waren es, die bei der Anfrage, ob Open Season einen Gig mit Samora am Reeds Festival spielen könnte, die Idee ins Spiel brachten, Schweizer Sängerinnen ins Line-Up aufzunehmen. Weibliche Reggae-Artists schaffen es leider selten bis ganz nach oben. Stars wie Marcia Griffiths, Tanya Stephens oder Hollie Cook sind doch eher Ausnahmen. Das gemeinsam formulierte Ziel war es schliesslich verschiedenen aufstrebenden, talentierten Frauen eine Plattform zu geben und der Reggae-Crowd zu zeigen, dass es höchste Zeit ist etwas zu ändern. Das hat auch ein bisschen etwas damit zu tun, dass wir in unseren Anfängen ebenfalls auf „Mentoren“ zählen durften. Bands wie zum Beispiel die Ventilators oder Kalles Kaviar haben Open Season die Chance gegeben, sich einem breiten Live-Publikum zu präsentieren und damit zu dem zu werden, was die Band heute ist. Mit unserem Summer Special können wir nun hoffentlich selbst etwas dazu beitragen, dass junge Artists sich etablieren können.

Wie habt ihr die Sängerinnen ausgewählt? Was kannst du uns zu den einzelnen Künstlerinnen sagen?

Angefangen hat es damit, dass ich auf Instagram per Zufall auf Samora aufmerksam wurde. Ich stiess auf ihr Video „Momma Said“ und war sofort ziemlich angetan von ihrer Stimme und der Art, wie sie den Song perfomt. Da ist eine Fröhlichkeit und Heiterkeit, die ich unglaublich cool finde. Beim Auschecken ihrer Songs habe ich gemerkt, dass Samora ein ähnliches Konzept verfolgt wie Open Season: Die Wurzeln liegen im Reggae, aber gleichzeitig ist eine grosse Offenheit gegenüber Einflüssen aus anderen Genres vorhanden. Ausserdem erhielt ich schnell den Eindruck, dass sie wirklich gute Live-Performances abliefert. Deshalb habe ich Samora Ende 2017 kontaktiert und ihr vorgeschlagen, wir könnten doch gemeinsam einen Song producen. Ihre positive Antwort kam postwendend. Und nachdem ich ihr einige Riddims geschickt hatte, kam innert 36 Stunden eine wirklich hammermässige, fast fertige Vocal-Skizze zu einem Track zurück. Das kam ziemlich unerwartet und war doch einigermassen beeindruckend!

Die Auswahl der Schweizer Sängerinnen lässt sich relativ schnell erklären. Junge, aufstrebende Reggae-Sängerinnen gibt es nun mal nicht wie Sand am Meer. Umso schöner, dass es mit Irina und Caroline Mossi und Naïma in der Schweiz äusserst versierte und talentierte Frauen mit grossartigen Stimmen gibt, die es schlicht und einfach verdient haben, sich als Lead-Sängerinnen präsentieren zu können. Ich denke, es ist sehr positiv, dass deren Namen auf der Affiche des Reeds-Festivals stehen und sie so vielleicht ein bisschen aus dem Schatten anderer Bands treten können. Oder dass sie – gerade im Fall von Irina und Caro – an den Female Reggae Voices-Gigs nicht nur als Backing Vocalists wahrgenommen werden sondern als Front-Frauen. Und natürlich spielte das Reggae-Special auf SRF3 im Frühjahr auch eine Rolle: sowohl Naïmas als auch Irinas Songs wurden da bekanntlich von Lukie Wyniger in eine Playlist mit den besten 20 Schweizer Reggae-Tunes aufgenommen.

Neben dem grossen Auftritt am Reeds-Festival sind noch andere Dates geplant. Sind die „Female Reggae Voices“ ein ausschliessliches Live-Projekt, oder dürfen wir uns auch auf Studio-Aufnahmen freuen?

Bei Samora liegt eine Zusammenarbeit bezüglich Studio-Aufnahmen auf der Hand. Mit dieser Idee nahm das Projekt ja seinen Anfang. Aber uns würde eine Kollaboration mit Naïma, Irina und Caroline natürlich ebenfalls sehr freuen! Wir sind diesbezüglich sehr offen und ich kann mir gut vorstellen, dass sich die Zusammenarbeit nicht nur auf das Live-Projekt im Sommer beschränken wird.

Findest Du, dass es zu wenig Frauen auf der Bühne gibt?

Absolut! Sieht man sich in der Musikszene um, ist es doch schon sehr auffallend, wie wenige Frauen anzutreffen sind. Gerade auch an Instrumenten. Bands wie „The Delilahs“, die mir spontan als erste in den Sinn kommen, sind da eine erfrischende Ausnahme. Oder „The Wolfe“ aus Kanada, eine Combo die übrigens von unserer ehemaligen Sängerin und Keyboarderin Lucy James gefördert und promotet wird. Aber auch die unglaublich versierten Bassistinnen Mohini Dey, Nik West oder Divinity Roxx oder die Gitarristin Francesca Simone verdienten trotz ihrer doch mittlerweile grossen Anhängerschaft eigentlich viel mehr Anerkennung.

Bei Open Season standen in frühen Jahren übrigens drei Frauen auf der Bühne. Geblieben ist Ariane am Sax und EWI. Eigentlich ist es bedauerlich, dass sich bei den personellen Wechseln damals keine Instrumentalistinnen gefunden haben. Aber erzwingen kann man nichts. Ich möchte mich auch nicht allzu stark auf die Äste hinauslassen, weshalb sich so wenig Instrumentalistinnen in der Szene etablieren. Einen bestimmten Aspekt herauszuheben ist wohl wenig zielführend, die Gründe hierfür dürften sehr vielfältig sein. Wir können mit diesem Projekt einfach unseren kleinen Beitrag dazu leisten, dass Frauen auf der Bühne mehr Beachtung geschenkt wird – und eben ausdrücklich nicht als „Accessoire“, als mehrbessere Bühnendekoration, wie mir dies dann und wann doch der Fall scheint.

Was steht bei Open Season sonst noch an in nächster Zeit?

Songwriting und Aufnahmen im 2018, damit wir 2019 wieder live am Start sein können! Live-Shows sind immer noch das, was wir am liebsten machen. Das ist unsere Herzensangelegenheit! Und dennoch, wie bereits angetönt, könnte es durchaus sein, dass sich die eine oder andere Zusammenarbeit im Studio bei der Produktion von Songs für andere Artists ergibt.

Was möchtest Du den Reggaenews.ch-LeserInnen mitgeben?

Verpasst nicht die Live-Shows mit Samora, Naïma, Irina und Caroline Mossi im Juli! Wer am Sonntag, 22. Juli ans Reeds-Festival kommt, muss früh aus den Federn. Showtime ist bereits um 11.30h, weil am gleichen Abend noch ein Gig in Thun stattfindet. Und wer’s nicht ans Reeds-Festival schafft, hat am 19., 20. oder 21. Juli Gelegenheit dieses Summer Special live zu erleben. Details werden in Kürze auf all unseren Kanälen veröffentlicht.

Und: Stay posted. Folgt diesen vier grossartigen Sängerinnen in den Sozialen Medien!