Interview: Alpha Blondy „Je ne parle pas très bien français“

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Unbestritten eine wahre Reggae-Legende und eine der wichtigsten Stimmen Afrika’s ist Alpha Blondy. Der Sänger von der Elfenbeinküste verfiel dem Reggae-Fieber als er während seiner Studienzeit im New Yorker Central Park ein Burning Spear-Konzert besucht. 1981 erscheint sein Debütalbum „Jah Glory“, eine der ersten Reggae-LP’s des afrikanischen Kontinents.

Trotz seines „fortgeschrittenen“ Alters von 58 Jahren vergeht kaum ein Jahr ohne ein neues Alpha Blondy Album und auch der Tourplan ist immer noch prall gefüllt. Erst diesen Frühling veröffentlichte Alpha Blondy „Vision“ – das sechzehnte Studioalbum. Nach seinem Auftritt am Summerjam 2011 stellte sich Alpha Blondy der anwesenden (sehr multikulturell-gemischten) Presse. Alpha Blondy betritt den Raum und fragt gleich danach in welcher Sprache die Pressekonferenz stattfinden wird: „So, we do it in french or english? We also can in german, but my german is very bad“

 

(Foto vom Afropfingsten 2011)

 

[Reggaenews] How’s Alpha Blondy in these days?
[Alpha Blondy] Es geht ihm gut. Er hat gerade eine Herzoperation hinter sich, aber dem Herz geht’s gut..and the music is okay.

Ich hab schon einige Male vergeblich versucht ein Interview zu kriegen mit dir. Stimmt es, dass du generell keine Interviews gibt’s vor der Show?
Nein, es kommt einfach darauf an wie müde ich bin. Touren ist anstrengend und man braucht Zeit um sich auszuruhen. Aber es ist nicht so, dass ich Interview grundsätzlich nicht mag.

Ein Journalist stellt auf französisch eine Frage bezüglich der angespannten politischen Lage an der Elfenbeinküste. Bevor Alpha Blondy eine ausführliche Antwort liefert, bemerkt er noch: „Je ne parle pas très bien français“. Nach seinem mehrminütigen Statement geht’s wieder auf englisch weiter und Alpha Blondy scherzt abermals über seine Sprachfähigkeiten: „Je ne comprends pas english“.

Wie ist das Verhältnis von dir als Musiker zur Politik in der Elfenbeinküste oder in Afrika generell?

Wir, die Musiker, haben es schwer mit den Politiker in Afrika. Sie wollen uns für ihre Zwecke einspannen und die Popularität der Musiker nutzen. Sie kalkurieren immer für die nächsten Wahlen. Wenn du dich weigerst bei ihrem Spiel mitzumachen, hetzen sie die Journalisten auf dich. They start writing bad things about you…they try to kill you. Aber manchmal…wie soll ich das erklären…muss man mitspielen. Du musst dir selbst treu bleiben, eine eigene Überzeugnung haben. Wir haben die Politiker in der Elfenbeinküste und in Afrika viele Male gewarnt über diese „Halfway“-Demokratie. Du kannst nicht von Demokratie sprechen, wenn du mit einem Militärputsch an die Macht gekommen bist.

Wie kann die African Union von Demokratie sprechen, wenn 80% ihrer Präsidenten durch einen sehr undemokratischen Weg an die Macht kamen? Manche sind seit 25, 30 Jahren an der Macht, okay. How can this guy give lessions about democracy? Gadaffi, wie kann Gadaffi uns über Demokratie belehren? Und er ist nur ein Beispiel, es gibt noch viele andere.
Stellt euch vor Alpha Blondy wäre Präsident seit 30 Jahren und wenn ich alt bin und mich zurückziehe, schlage ich meinen Sohn als meinen Nachfolger vor. Das ist nicht Demokratie.
Wenn wir eine wirkliche Demokratie wollen in Afrika, müssen wir ehrlich sein zu uns selbst…be straight. Wir können nicht unsere Zeit verschwenden und den Westen für alles verantwortlich machen…Nein, wir spielen ja selbst das Spiel der Kolonialisierung.

Mit welchen Mitteln setzt du dich ein für deine Heimat?

Die Journalisten sagten ich sei ein „chanteur engageé“ – ein sehr engagierter Sänger. Tatsächlich war mir damals nicht bewusst, dass meine Musik „engagiert“ war. Ich thematisierte meine eigene Situation, my sociale condition, die soziale Ungerechtheit, die ich an meinem eigenen Leib erlebte.  Ich wurde geschlagen, badly beaten. Gefesselt an Füssen und Händen, ich konnte nicht zur Polizei gehen, nirgendwo hin. Ich konnte nur einen Song darüber machen und Gott, almighty God, hörte meinen Schrei und machte diesen Song zu einem Hit. Über meine Wunden, den Frust und das Leben in den Ghetto’s zu singen, hat mir sehr geholfen.

Die Politiker sprechen in ihren Reden immer von den Leuten, aber eigentlich scherrt sie es einen Dreck. Die Menschen glauben ihnen, aber alles Geld fliesst auf deutsche, französische und swissland Banks. Es ist doch nicht normal, dass ein Minister sich 20 Schlösser leisten kann, dann noch zwei Häuser in Paris hat und ein Anwesen in Deutschland. Wir alle schwitzen hart für unser Geld, ich performe auf der Bühne jeden Tag, breche mir einen Fuss. Ich muss meine Rechnungen zahlen und arbeite hart dafür.

 


Du hast seit kurzem ein neues Album „Vision“ draussen. Ich habe gelesen, dass du das Album während deiner Tournee aufgenommen hast. Wieso?

Meine Musiker sind alle sehr technikbegeistert. They are vey much into high-tech. Sie haben mir gesagt, ich solle Pro-Tools kaufen, einen Mac-Pro, eine mBox und ein professionelles Mikrofon. Als wir auf Tour waren in Hamburg, kamen alle in mein Hotelzimmer, wir verkabelten die Geräte und nahmen auf. Das taten wir auch in Frankreich, der Schweiz, Argentinien und in Brasilien. Ich finde es eine gute Sache während der Tour aufnehmen. You don’t have to take a break. Du kannst arbeiten, wo auch immer du gerade bist. It’s a different vibe.

Vision ist im April 2011 über das Label „Test“ erschienen. Das Album beinhaltet eine zweite CD mit 12 weiteren Songs von verschiedenen afrikanischen Upcoming-Artists.

 

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