Interview: Busy Signal „Ich stand 3 Stunden und 23 Minuten auf der Bühne“

Afro BeatsDancehallReggaeSoca
Lakesplash

Die Erwartungen waren hoch an seinen zweiten Auftritt am Summerjam. Der Name Busy Signal war eines der Highlights des Kölner Festivals, dementsprechend gross war auch der Andrang als der jamaikanische Dancehallstar am Freitagabend die Bühne betreten hat.

Busy Signal lieferte eine packende Show mit seinen grössten Dancehall-Kracher wie „These Are the Days“ oder „Step Out„, aber auch Stücke wie „One More Night“ oder „Night Shift“ aus seiner (noch frischen) Karriere als Reggae-Sänger. Sogar ein kleines Gregory Isaacs Tribute befand sich auf seiner Setliste.

Sichtlich erschöpft, aber auch sehr glücklich über seine herausragende Performance, begab sich Busy Signal in den Presse-Container und zeigte erneut, dass er auch abseits von der Bühne ein absoluter „Professional“ ist. Knapp 30 Minuten lang beantwortete der 29-jährige Dancehallstar die Fragen der anwesenden Medienvertreter, während Manager & Produzent Shams Browne mit den Musiker der High Voltage Band eine Flasche Rotwein aufkorkt. Hier ein Ausschnitt der spannendsten Themen.

 
[Reporter aus Holland] Du hast heute den Major-Lazer Track gespielt (Pon Me), der diesen House-Club-Flavour hat. Magst du diese Art von Musik?
Es macht mir einfach Spass etwas aufzunehmen über diese House/Club-mässigen Beats. Andere Reggae und Dancehall-Künstler machen das nicht, aber ich mach einfach Musik. I don’t just pick a genre and be like ok I do this music and that’s it, no. I spread my wings through the music, I try to fuse Reggae and Dancehall-music with other genres.  Darum war es eine gute Sache diesen Major-Lazer-Song aufzunehmen…Ich limitiere mich nicht auf einen Stil, ich mach einfach worauf ich Lust habe. Sky is the limit.

Was kann man von dir erwarten in Zukunft „Albumwise“? Reggae, Dancehall oder dieses Club-Beat-New-School-Ding?
More everything (allgemeines Gelächter). Bald werde ich ein Reggae-One-Drop-Dub Album rausbringen, strictly RubaDub-Reggae. Das Release-Datum ist noch nicht fix, aber es soll noch vor September erscheinen. Es wird ein noch nie zuvor gehörten Dennis Brown Track draufhaben, Features von Beres Hammond, Anthony RedRose, Joey Lickshot, Romain Virgo, Esco Levy, D-Major…

 

[2ter Reporter aus Holland] Morgen spielst du in Amsterdam, magst du…
… (unterbricht) Oh that’s a false promotion, diese Show wird nicht stattfinden.Ich weiss nicht wer dieser pussyhole Promoter ist (allgemeines Gelächter). Es gibt immer solche Leute, die versuchen Geld aus den Taschen der Fans zu ziehen. Die Leute sehen die Flyer mit all den Artists, gehen an die Shows und zahlen ihr hard earned money. Die Promoter erzählen dann Märchen wie „oh der Künstler ist einfach nicht aufgetaucht oder hat den Flug verpasst“ und wir, die Künstler, wissen gar nichts davon. Die Schuld bleibt beim Künster hängen, the fans curse the artists and don’t know what’s really happening…

 [Reggaenews.ch] Wie kannst du als Artists dagegen vorgehen?
Sehr schwierig. Es wird immer Promoter geben, die falsche Konzertansagen machen. Es würde sich vielleicht auszahlen dagegen vorzugehen, aber das ist ein langer Prozess. Ich müsste Geld investieren, einen Anwalt anheuern, diese Leute finden und verklagen, vor Gericht gehen…Dafür braucht’s viel Geld und Zeit. Der Aufwand wäre zu gross, aber wir versuchen dagegen vorzugehen indem wir über unsere Kanäle diese „fake shows“ bekanntgeben.

[Reggaenews.ch] Sprich du verbreitest diese false Promotion über dein Facebook und Twitter-Account?
Genau, mein Management hat’s heute Nachmittag auf Facebook geschrieben….plus ihr alle hier an der Pressekonferenz wisst ja, dass die Show morgen nicht stattfinden wird…(lacht).
Big Up Amsterdam, I love Holland, aber solche Promoter bringen uns Künstler in ein schlechtes Licht, ohne dass wir etwas damit zu tun haben. Wir haben erst heute von „Fake Gig“ erfahren.

 


[Reggaenews.ch] Vor zwei Monaten hast du eine Singles namens „Bye Bye“ rausgebracht, auf der ein alter Rock’n’Roll-Klassiker gesamplet wird. Ich war erstaunt, dass ein Dancehall-Artist einen solchen Track benutzt. Kannst du uns etwas über „Bye Bye“ erzählen?
Ich war im Studio mit einem meiner Produzenten, Karim von Stainless Records und wir hörten uns ein paar Vintage-Tracks an. I always try to get inspiration from people who paved the way in the past. Das Musikgenre spielt keine Rolle, ich höre viele verschiedene Stile. Karim spielte diesen Song (ein altes Rock’N’Roll Stück von den Everly Brothers aus dem Jahre 1957) and I was like „We can do this“. Als das Original in den 50iger Jahren erschienen ist, war ich nicht mal geboren, trotzdem liebe ich diese Songs.

[Reggaenews.ch] Was hörst du dir denn so an?
Auf der Fahrt ans Summerjam habe ich mir das neue Stephen Marley Album angehört und die „Distant Relatives“ Platte von Nas und Jr. Gong. Ich höre mir einige Alpha Blondy Songs an, obwohl ich nichts von den Texten verstehen kann, da es nicht englisch gesungen war. Als wir im Flugzeug nach Europa geflogen sind, hatte ich Toots gehört, Melodians, Chi-Lites und Skatalites. I just try to listen to a lot of original stuff, it keep me focus.

[Moderator aus Gambia] Busy Signal in Africa?
Whoa (freut sich über das Thema).
Busy Signal in Afrika…ich würd sofort nach dieser Europatour ins Flugzeug steigen und nach Afrika fliegen. Mein erster Trip war im letzten Dezember als wir nach Gambia gingen und es war definitiv ein spektakulärer Moment für mich. Das Stadium, in welchen wir auftraten, hatte eine Kapazität von 53’000 Personen und es hatte immer noch etwa 12’000 Fans draussen, die rein wollten. Es war unglaublich. Dieses Jahr wollen wir diese Show wiederholen.
Das Feedback war extrem gut…ich kann es gar nicht in Wort fassen. Die Fans haben alle Songs mitgesungen…von Anfang bis Ende. Ich stand auf der Bühne für ganze 3 Stunden und 23 Minuten und in der Hälfte der Show ging ich kurz von der Bühne um meine verschwitzen Kleider zu wechseln. Während der ganzen Zeit als sich im Backstage war, sangen die Leute meine Songs. Es war unglaublich.

 


[Reggaenews.ch] Ich hörte mal, dass deine Mutter nicht sehr erfreut war als du deine Dancehall-Karriere in Angriff genommen hast. Stimmt das?
(verschmitzes Lachen)…Oh yeah she was not so pleased. Anfangs hat sie mir Zeug nachgeworfen, ist mir ums Haus hinterhergerannt und sie hat mir Schläge ausgeteilt..manymany times….Aber ich hatte einfach dieses Ziel, mein Fokus lag ganz auf der Musik. Heute ist meine Mutter stolz auf mich. Sie ist immer noch eine Christin, aber ich habe heute Songs in meinem Katalog, die ich ihr gebe und sagen kann „Mommy listen to this“. Songs, die sich anhören kann und sie stolz sagen kann: „This is my son“.

[Reggaenews.ch] Aber dann gibt es auch eine ganze Menge Lieder, die du ihr besser nicht zeigst…
Yeah…(lacht). Ich habe viele Songs, die ich meiner Mutter und meiner Grossmutter nicht abspielen kann. Aber von Zeit zu Zeit brenne ich selbst eine CD-Compilation mit meinen uplifting-Songs und bringe ihnen diese CD persönlich vorbei…Sie schätzen dies sehr. And then I get xtrated, gun-songs, rebel-songs which my mother & grandmother and propably nobody’s mother should listen to.

[Reggaenews.ch] Hat sie einmal eine deiner Liveshows besucht?
Never, Never..(schüttelt energisch den Kopf)…aber sie hat einmal eine meiner Show aus der Ferne mitgehört. Vor einiger Zeit habe ich eine Stageshow organisiert mit Bounty Killer, Mavado, Romain Virgo und die Location war ganz in ihrer Nähe. Sie hörte mein Set von ihrem Haus aus…(verschmitztes Lachen).
Als ich danach zu ihr ging sagte sie zu mir : „Oh ich habe dich gehört wie du „One More Night“ gesungen hast und dieses christliche Lied „El Shaddei“ (Praise & Worship). Ich umarmte sie und ging schlafen.
Natürlich kennt sie auch meine „anderen Songs“. Die werden ja überall gespielt – im Bus oder auf der Strasse – aber sie ist erwachsen…she’s knows how to deal with it.

[Reggaenews.ch] Jamaikanische Künstler arbeiten sehr schnell, viele schreiben nicht mal ihre Lyrics auf sondern voicen „on spot“. Wie ist es bei dir? Nimmst du einen Riddim manchmal nach Hause oder geschieht immer gleich alles im Studio?
Exactly, I don’t write my songs down. Ich geh ins Studio…setzt die Kopfhörer auf…(schauspielert eine Aufnahmesession)….hör mir den Riddim an…….READY!

Viele meiner Songs entstehen innert weniger Minuten in One-Take-Sessions. Manchmal braucht’s etwas mehr Zeit um den Text auszuarbeiten und passende Melodien zufinden, aber ich nimm nie einen Riddim mit nach Hause oder fahr damit 2, 3 Wochen im Auto rum. Never.
Ich versuch möglichst spontan zu arbeiten, deshalb gibt’s auch Riddims mit 2 oder sogar 3 Busy Signals Songs drauf. You cyaan stop the creativity.

Gibt es gewisse Künstler mit denen zu unbedingt mal zusammenarbeiten möchtest?
Auf jeden Fall würde ich gern mal mit Burning Spear ins Studio gehen, mit Ziggy Marley…ich habe übrigens ein Song mit Stephen Marley aufgenommen, der bald erscheinen sollte. Ähm (überlegt)…Jimmy Cliff…Bunny Wailer…all diese Künstler, die den „original“-Reggae gross machten. Ein Song mit Lee Scratch Perry als Produzent…These people who paved the way in terms of greatness in music.

Die Pressekonferenz ging damit zu Ende, doch etwas wollte ich schon lange wissen. Was hat’s eigentlich mit seinem Trademark-Spruch „One Three, me nah test Two“ auf sich?
Oh….that’s just a style. (Deejayed) Hot Head Hot Head…testing one three, meh nah test two…what about you?


Transkript von der Summerjam Pressekonferenz 2011.

Afro BeatsDancehallReggaeSoca
Lakesplash