Interview: Tarrus Riley „I’m artist…und mag Pistazien“

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Everybody’s Darling. Während jamaikanische Künstler wie Mavado oder Vybz Kartel die Fans in zwei Lager teilen, sind sich bei Tarrus Riley alle einig: Die Mädels stehen auf die Lovesongs a la „She’s Royal“ oder „Stay With You“, die Soundbwoys stehen Schlange für ein „Beware“ Dubplate und die ältere Generation erfreut sich an der musikalischen Qualität und den starken Liveauftritten des 32-jährigen Sängers aus Jamaika.

Nach seinem Konzert am Summerjam in Köln nahm sich Tarrus Riley rund 20 Minuten Zeit für die anwesenden Journalisten & Fotografen. Neben dem Antwortegeben konzentrierte sich Tarrus hauptsächlich auf seinen Sack Pistazien, den er während der Pressekonferenz genüsslich verputzte.

 

[Reggaenews] Worin liegt der Unterschied zwischen einer Tarrus-Show hier in Europa und in Jamaika?
Die Shows in Jamaika haben mehr Künstler im Line-Up, die Spielzeiten sind sehr kurz. Aber auf anderen karibischen Inseln spielen wir meistens eineneinhalb oder sogar zwei Stunden Sets.
In Jamaika treten 40 Künstler in nur einer Nacht auf. Eine Backing Band spielt für 20 Künstler, die nächste für die restlichen 20. So the jamaican musician is very brilliant. Die Bands müssen 500 Songs im Kopf haben. Auch wenn immer die selben Riddims benutzt werden, jeder Sänger hat einen Spezialwunsch wie der Riddim gespielt werden muss. Even when a man on the same riddim he want the mix different, you know, so it’s a lof of routine.
Egal an welchem Ort wir spielen, der einzige Unterschied ist die Kultur des Landes – The way of life. Manche Songs sprechen Themen an, die in Jamaika relevant sind und deshalb dort sehr gefragt sind. An anderen Orten wünschen sich die Leute andere Tunes.

[Reggaenews] Spielst du in Jamaika mit deiner eigenen „Black Soil“ – Band oder mit den lokalen Backing Bands?
[Tarrus] 99.999% von allen Shows performe ich mit meiner eigenen Band. No disrespect to all the backing bands, aber ich habe die Black Soil um mit ihnen zu spielen.

[Reporterin aus Italien] Was bedeutet dir Reggae?
[Tarrus] Reggae-music is how I eat, how I express myself. Damit drücke ich meine Gefühle aus, verbreite meine Message, singe was um mich herum passiert. Darum geht’s in jeder Art von Musik:  Du hast was zu sagen, also suchst du eine Melodie und einen passenden Rhythmus. (imitiert Kelis) I hate you so much right now, I hate…Jemand ist wütend und verletzt. Aber anstatt mit Händen zu kämpfen, drückt man sich in Worten aus. Darum geht’s in der Musik.
Für mich ist Reggae auch ein Beruf. Damit verdiene ich mein Geld, zahle meine Rechnungen und ernähre meine Familie.

 

[Reggaenews] Stimmt es, dass du mit Dancehall angefangen hast? Back in the days?
[Tarrus] Back in which days? I’m not old. (Böser Blick)

[Reggaenews] Of course, sorry.
[Tarrus] It’s okay. I’m just playing with you (grinst). Früher habe ich Deejay-Tunes gemacht. Damit habe ich angefangen. Stitchie, Buju, Shabba, Tiger, Terror Fabolous – das waren meine musikalischen Vorbilder.

[Reggaenews] Gibt es Aufnahmen aus dieser Zeit? Tarrus im Deejay-Style?
[Tarrus] Yeah…ja es gibt einige. (Tarrus zählt einige Labels auf, leider ist die Audioaufnahme unverständlich, da Tarrus wild in seinem Pistazien-Sack rumwühlt).

[Reggaenews] Heute bist du Sänger…
[Tarrus] …(unterbricht)…I’m artist

[Reggaenews]  Wird es in Zukunft wieder einen Deejay-Tune geben von dir?
[Tarrus] (deejayt) Beware cuz the shooters dem strap, the Rastaman a tell dem…that’s deejay-style. Ich mache einfach Musik. Nimm Kanye West oder Usher, egal welchen Künstler, James Brown, Michael Jackson. Die singen…sprechen…tanzen…It’s all music. Ich bin nicht einfach ein Deejay oder ein Sänger, ich bin Künstler…und ich esse Pistazien. (Lacht)

[Reggaenews] Ist das eine deutsche oder jamaikanische Marke?
[Tarrus] (schaut sich die Packung an)…hm…es sind einfach Pistazien…(knackt eine Pistazie auf und zerkaut sie)…und die sind lecker. (Alle lachen)


[Reggaenews] Kannst du uns….
[Tarrus] (unterbricht) Kannst DU mir sagen wie dir die Show gefallen hat?

[Reggaenews] (etwas überfordert) Äh…also es war grossartig. Man kann sehen, dass ihr in das Set viel Zeit investiert. Die Übergänge von einem Song zum Nächsten sind sehr flüssig. Andere jamaikanische Acts spielen einfach einen Song nach dem anderen. Probt ihr viel?
[Tarrus] Ja, das tun wir. (Richtet sich an eine Reporterin) Was war dein Lieblingsteil der Show? Welcher Song hat dir am Besten gefallen?

[Reporterin] She’s Royal.
[Tarrus] Gibt es einen Song, den ich nicht gespielt habe, ihr aber hören wolltet?

[Reggaenews] Hast du Young Heart gespielt?
[Tarrus] (laut) Young Heart. Das ist mein Lieblingssong.

[Reggaenews] Ist es eine wahre Geschichte?
[Tarrus] eee…hehe…ein bisschen ja.

 

[Reggaenews] Dein Vater Jimmy Riley war…
[Tarrus] (unterbricht) …IST..

[Reggaenews] …sorry, ist natürlich immer noch sehr bekannt, startete aber in den 70iger Jahren. Bist du früher oft mit an die Konzerte gegangen und warst dabei bei den Studiosessions?
[Tarrus] So bin mit Musik in Kontakt gekommen. So habe ich ihn getroffen (zeigt auf seinen Produzenten / Bandleader Dean Fraser). Mein Vater hat mich in die professionelle Seite der Musik eingeführt. Ich war immer dabei: Backstage, Onstage, Around-Stage, in the  studio…It was pure excitement: Limousines, flashing lights, pretty girls.

[Reggaenews] Du warst bestimmt sehr jung als du das erste Mal auf einer Bühne standest?
[Tarrus] Jaman, dafür muss ich nochmals meinen Vater danken. Sumfest, Sunsplash…Mein erster Auftritt auf einer grossen Bühne war am Sunsplash. Kannst du dir etwas Schönerers vorstellen als auf so einer Bühne zu stehen as little kid?…lucky..bless…father a de boss still.

[Manager] Noch zwei Fragen.

[Reporterin aus Italien] Was sagst du zum Gerichtsentscheid zu Buju Banton?
[Tarrus] What I think about what happened to Buju? Ich denke es ist eine traurige Situation für ihn, er ist sehr talentiert. Buju hatte grossen Einfluss auf mich, ein grosses Vorbild. Früher habe ich alles gemacht genau wie Buju: Buju wollte eine „Browning“ (hellhäutige Frau, besungen im kontroversen Stück „Love Me Browning), ich wollte auch eine. Hoffentlich ist er bald wieder auf freiem Fuss. Respect Buju Banton a lot, you know.

[Reporter aus Serbien] Was hörst du selbst für Musik? Du hast ja das John Legend Stück „Stay With You“ gecovert.
[Tarrus] Alle Musikstile. Ich kenne keine Musikrichtung, die ich nicht mag. Adele, Frank Ocean..zu viele zum aufzählen. Wen mag ich noch? (Schaut zu Dean Fraser, dieser antwortet: Sting) Richtig, Sting. Ich mag viele der alten Sachen wie Delroy Wilson, aber auch neues Zeug. I Love Music.

 

Die Presseleute klatschen in Hände, Tarrus posiert für einige Fotos, unterschreibt eine Autogrammkarte und gibt bekannt, dass er derzeit an einem Akkustik-Album arbeite. Dann geht er direkt zur Red Stage zur Dub Inc. Show, wo er für seinen Feature-Part von „No Doubt“ kurz auf die Bühne geht. Im Presseraum bleibt ein leerer Sack Pistazien und ein Plastikbecher gefüllt mit geknackten Hülsen liegen.

 

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