Stories: Bleaching and Browning… was ist der Unterschied

Vybz Kartels Hittune „Straight Jeans & Fitted“, welcher die Tanzhallen der Nation eroberte, enthielt neben den Plattitüden eines Fashion-Victims auch die eher aufsehenerregende Line „Cool like mi wash mi face wid di cake soap“…
Unberührt von den eher kritischen Reaktionen seitens der Medien auf sein Eingeständnis, samplete er sie in seinem nächsten Song mit dem sprechenden Namen „Cake Soap“ gleich wieder. An seinen Konzerten verteilte er „Cake Soap“ und via Internet kann sie – mit Kartels Autogramm drauf – von seinen Fans bestellt werden.
Was hat es nun aber mit dieser „Cake Soap“ eigentlich auf sich?

Ursprünglich kann dieser Begriff nur Jamaikanern bekannt sein, wird dort ja „Cake Soap“ als Bleichmittel für Kleider und zur Reinigung von Sneakers verwendet. Offensichtlich wird es aber auch dazu benutzt, die Haut, im Speziellen das Gesicht in einem „coolen“ hellen Teint zu erstrahlen.
Dass diese Verherrlichung eines, mittels eher ungesunden Chemikalien erzeugten, hellen Teint bei seinem Publikum nicht auf Ablehnung stösst mag auf den ersten Blick erstaunen. Bei näherer Betrachtung dieses Phänomens zeigt sich sehr bald, dass Kartel lediglich eine bereits vorhandene Strömung in Jamaica aufgreift und öffentlich macht. Sein „cooles“ Gesicht steht sinnbildlich für die Sehnsucht vieler Jamaicaner nach einem helleren Teint.

“If you’re White you’re alright; If your Brown stick around; If you’re Black get to the back”
Es scheint als wäre dieses Relikt aus längst vergangenen Zeiten des Rassismus’ in den Südstaaten Amerikas oder Südafrika, in den Köpfen der Menschen noch stets aktuell. Auch brillante Köpfe wie Malcom X waren nicht gefeit vor solchen tief verwurzelten Komplexen. Bevor er während seines Gefängnisaufenthalts praktizierender Muslim wurde, behandelte er in seiner Jugendzeit seine gekrausten Haare mit einer schmerzhaften Tinktur, um glatte Haare („Conk“) zu erhalten. In einer Rückblendung bezeichnete er diese Prozedur als erste Stufe der Selbstdegradierung. So mag es auch nur kurz erstaunen, wenn sogar Rasta-Artists wie Richie Spice („Brown Skin“) oder Buju Banton („Browning“) die helle Hautfarbe der Ladies besingen. Somit unterstützen sie ein Schönheitsideal welches nur durch Selbstverleugnung erreicht werden kann…
Auch die Musikindustrie scheint diese Tendenz zu unterstützen. Betrachtet man den für jamaikanische Musik (heute noch) wichtigsten Markt, die Vereinigten Staaten, so fällt auf, dass dort mehr oder weniger nur hellhäutige Künstler, „Brownings“ erfolgreich waren und bis heute sind. Als mehr oder weniger aktuelles Beispiel kann auf Sean Paul oder Shaggy verwiesen werden. Oder Supercat einer der ersten Dancehall-DeeJays, welcher sich auf dem amerikanischen Musikmarkt durchsetzen konnte. Prominentestes Beispiel aber ist sicher Bob Marley, Sohn eines weissen Vater und einer afro-jamaikanischen Mutter. Den weltweiten Erfolg seiner unsterblichen Musik nur auf seine Hautfarbe zu reduzieren würde seinem grossartigen Charisma sicher nicht gerecht werden, trotzdem muss gesagt sein, dass die –
teilweise unbewussten – Vorbehalte schwarzen Musikern, gegenüber doch immer noch bestehen und er es als dunkler Artist um einiges schwieriger gehabt hätte. Als Gegenbeispiele könnten hier diverse Rapper oder Soul und R&B Artist wie 50 Cent, Solomon Burke, Otis Redding & Ray Charles erwähnt werden, doch auch sie mussten sich ihren Status hart erarbeiten…
Eine krasse Abwandlung dieses Phänomens lässt sich in einem Erlebnisbericht eines „born Jamaican“ nachlesen. Er schildert dort wie er in Jamaica meist nur als „Browning“ angesprochen wird. Diese Reduktion auf seine Hautfarbe geht einher mit der automatischen Zuordnung in eine wohlhabende Schicht. So beschreibt er, wie er für die selben Dienstleistungen, beispielsweise eine Sanitärinstallation, den doppelten Betrag zahlen sollte, als mit seiner schwarzen Freundin vorgängig abgesprochen war, da „Brown skinned man like yuh a big monetary man, yuh must can tek care a di fee.“
Es zeigt sich, dass im ethnisch stark durchmischten Jamaica ein Dilemma zwischen Rastafari und Repatriation auf der einen Seite und Minderwertigkeitkomplexe und (möglicherweise) Hedonismus herrscht. Ob es eine Lösung dieser Zwickmühle geben kann sei hier dahingestellt…

Story to be continued, stay tuned massive… f.m


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